• November 25, 2020

Schulische Teilhabe ermöglichen, auch in Zeiten von Corona!

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CAMPUS DI MONACO
MÜNCHNER FLÜCHTLINGSRAT
BAYERISCHER FLÜCHTLINGSRAT

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BRANDBRIEF an:

Bayerische Staatsregierung
Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Bayrisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
Schulämter in Bayern

Mittwoch 25. November 2020

Der erste Lockdown im Frühjahr hat es überdeutlich gezeigt: Bei der Umstellung an den bayerischen Schulen von Präsenz- auf Distanz-Unterricht sind viele der Schülerinnen und Schüler auf der Strecke geblieben. Besonders Kinder- und Jugendliche aus familiären Verhältnissen ohne gesicherten Zugriff auf das benötigte technische Gerät wie Tablet, Laptop, PC und Drucker, oder ohne stabilen Internet-Zugang waren praktisch und faktisch von der Teilnahme am digitalen Unterricht ausgeschlossen. Die massiv negativen Auswirkungen auf die Psyche, die Entwicklung und die Chancen der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind hinreichend bekannt und ein Grund dafür, jetzt im zweiten Lockdown unbedingt am Präsenzunterricht festzuhalten.

Die vorherrschende Annahme, dass jede Schülerin und jeder Schüler über die Voraussetzungen verfügt, um am digitalen Unterricht teilzunehmen, entpuppte sich als gefährlicher Trugschluss. Geflüchtete Kinder und Jugendliche in Gemeinschaftsunterkünften waren von der Umstellung besonders hart getroffen, weil dort meist kein W-Lan zur Verfügung steht, und viele dieser Haushalte weder über das notwendige technische Gerät noch über die räumlichen Möglichkeiten eines Homeschoolings verfügen.

Es ist löblich dass eine Digital-Offensive gestartet wurde und viele Schulen mit Leihgeräten ausgestattet wurden, aber es müssen auch digitale Kontaktmöglichkeiten zwischen Schüler- und Lehrerschaft gewährleistet werden. Doch gerade jene Schülerinnen und Schüler, die nicht auf elterliche Unterstützung zählen können – sei es aus Sprachmangel oder aus Zeitkapazitäten – sind auf die persönlichen Kontakte mit ihren Pädagogen und Pädagoginnen angewiesen. Kein versendetes Arbeitsblatt kann das Ermutigen, Motivieren und Unterstützen der Fachkräfte ersetzen.

„Uns ist bewusst, wie herausfordernd die Pandemie bedingte Situation für alle Beteiligten ist. Dass wir jedoch monatelang sehenden Auges auf den Ausschluss gerade derjenigen Schüler*innen zusteuern, die die schulische Förderung am dringendsten brauchen, finde ich untragbar,” so Antonia Veramendi, Schulleiterin.

Zwischen der ersten Schulschließung und den aktuellen Corona-Maßnahmen sind mittlerweile viele Monate vergangen. Zeit genug, um auf die Erfahrungen der ersten Corona bedingten Schulschließung einzugehen und um wirksame Maßnahmen gegen den Unterrichtsausschluss ganzer Schüler*innengruppen zu ergreifen. Diese Chance ist aus unserer Sicht versäumt worden.

Jetzt stehen wir unmittelbar vor einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen. Eine Schließung der bayerischen Schulen zumindest in Teilen ist zu erwarten. Schließungen einzelner Jahrgänge sowie ganzer Schulen aufgrund von Quarantäne-Maßnahmen sind bereits Alltag in Bayern. Geflüchtete Kinder in Unterkünften sind zudem weit überproportional von Quarantänemaßnahmen betroffen, weil bei nur einem Infektionsfall regelmäßig die gesamte Unterkunft in Quarantäne versetzt wird, und die Quarantäne nicht selten über Wochen immer wieder verlängert wird.

Als Mittelschule mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Flucht- und Migrationserfahrung müssen wir leider feststellen, dass viele unserer Schüler*innen wegen fehlender technischer Infrastruktur in den Unterkünften erneut von der Teilnahme an den Online-Unterrichtsphasen ausgeschlossen sind. Durch das beherzte Eingreifen von Ehrenamtlichen, Privatinitiativen und engagierten Lehrkräften und Sozialarbeiter*innen gelingt es uns in Einzelfällen, Schülerinnen provisorisch mit aus eigener Tasche bezahlten Mobilen Daten auszustatten, sodass sie sich stundenweise Hotspots für ihren Online-Unterricht einrichten können. Das reicht aber nicht.

Wir sehen das bayerische Kultusministerium und die städtischen Schulbehörden in der Pflicht unverzüglich für Abhilfe zu sorgen. Sorgen Sie mutig und richtungsweisend dafür, dass das Grundrecht auf Bildung und auf schulische Teilhabe für ALLE Kinder nicht zu einer hohlen Phrase verkommt. Sorgen sie bei den für die Unterbringung von Geflüchteten zuständigen Bezirksregierungen und Behörden dafür, dass den Schülerinnen und Schülern in Bayern die W-Lan Voraussetzungen für die schulische Teilhabe am Unterricht bereitstehen. Bildung und Teilhabe darf nicht einfach diskriminieren!

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