Resettlement

Die Diskrepanz zwischen den benötigten und den tatsächlich verfügbaren Resettlement-Plätzen ist enorm und wird tendenziell größer. Nach Schätzungen des UNHCR haben im Jahr 2019 1.4 Millionen Menschen Resettlement-Bedarf, dieser kann aber nur zu ca. 5 % gedeckt werden. Kontingente müssen merklich erhöht werden. Ebenso müssen sich mehr Länder zur Aufnahme bereit erklären. Eine Erhöhung des Aufnahmekontingents erfordert jedoch auch eine Verbesserung der Aufnahmestrukturen. Bisher konnten Resettlement-Geflüchtete in Deutschland meist durch bestehende Beratungsstrukturen versorgt werden. Auf Grund der geringen Aufnahmezahl sowie dem großen Engagement aller beteiligten, meist ehrenamtlichen Akteure, gelang dies im städtischen Raum in der Regel zeitnah. Nicht so in ländlichen Kommunen: dort mangelt es häufig an Aufnahmestrukturen und der rechtliche Status der resettelten Personen ist weitgehend unbekannt. Dies kann zu erheblichen Nachteilen für die betroffenen Personen führen, zum Beispiel was die Möglichkeit des erleichterten Familiennachzuges betrifft. Resettlement wird vom UNHCR als zusätzliches Schutzinstrument für besonders vulnerable Personen charakterisiert. Die Teilnahme von Staaten am Resettlement- Programm der Vereinten Nationen ist jedoch freiwillig, ein Rechtsanspruch auf Resettlement besteht nicht. Klassischerweise wird die Beteiligung von Staaten an Resettlement aus einer Perspektive der Menschenrechte und humanitären Verpflichtung erklärt; inzwischen steht Resettlement jedoch vermehrt im Zusammenhang mit außenpolitischen Interessen und Fragen der nationalen Sicherheit. Dem entgegen steht das individuelle Recht auf Asyl gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Dies, sowie die Tatsache, dass ohnehin ein Mangel an verfügbaren Plätzen für Resettlement besteht, macht deutlich, dass Resettlement nicht als Alternative zu individuellen Asylgesuchen gesehen werden kann, sondern ausschließlich als dessen Ergänzung. In Deutschland wird die Resettlement-Zusage jedoch in den sogenannten „Aufnahmekorridor“ von 180.000 bis 220.000 Personen pro Jahr eingerechnet, unter den auch die Asylsuchenden fallen. Somit geht die aktuelle Ausgestaltung des Resettlement-Kontingents auf Kosten der Möglichkeit des individuellen Asylgesuches.

 

Nicht anders auf EU-Ebene: So heißt es in Bezug auf das EU Resettlement-Framework, dass Resettlement dazu beitragen soll, „irreguläre“ Migration zu reduzieren, indem sichere und „legale“ Alternativen geschaffen werden. Das verkennt jedoch erstens, dass es nach der Genfer Flüchtlingskonvention keine „illegale“ Einreise gibt und zweitens, dass der Bedarf an Resettlement bei weitem auch die innerhalb des EU-Rahmens zur Verfügung gestellten Plätze übersteigt. Hierdurch, sowie durch die nationalstaatliche Entscheidungsmacht hinsichtlich der Aufnahmebedingungen, wird Resettlement zu einem Instrument der Migrationskontrolle, was den humanitären Grundgedanken als zusätzlichem Schutzinstrument gezielt konterkariert. Während lediglich ein Bruchteil geflüchteter Menschen über Resettlement in der EU aufgenommen wird, findet gleichzeitig eine weitgehende Abriegelung der EU- Außengrenzen sowie beispielweise die Finanzierung der sogenannten libyschen Küstenwache unter Inkaufnahme weiterer Todesopfer statt. Seenotrettung wird kriminalisiert, Menschen werden zurück in libysche Folterlager geschickt. Regierungen rühmen sich mit humanitären Kollektivtaten durch Aufnahmeprogramme, die – wie das Beispiel Griechenland zeigt – allerdings gleichzeitig dafür sorgen, dass andere Personen unter extrem prekären Bedingungen jahrelang in überfüllten Camps ausharren müssen. Auf diesem Weg wird die menschenrechtsverachtende europäische Flüchtlingspolitik verstärkt und die Verantwortung ausgelagert, anstatt solidarisch und wirklich human zu handeln.

 

Unsere Forderungen:

 

  • die aktive Aufnahme von Geflüchteten sowie die langfristige Errichtung
    sicherer Zugangswege mit deutlich höheren Kontingenten
  • eine transparentere Abwicklung bestehender Resettlement-Abläufe sowie die
    Einrichtung eines bundeseinheitlichen Konzepts zur Betreuung dieser
    Personengruppe
  • eine komplementäre Umsetzung von Resettlement ohne Aushebelung des
    individuellen Rechts auf Asyl
  • kein Missbrauch von Resettlement zur Migrationskontrolle