Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann kündigte Ende Dezember eine Fortführung des Konzepts der Anker-Zentren an – entgegen den Plänen der neuen Bundesregierung. Der Münchner Flüchtlingsrat, der in mehreren Ankereinrichtungen in Oberbayern Rechtsberatung anbietet, fordert das sofortige Ende des Konzepts AnkER und eine möglichst zeitnahe Schließung der Lager.
Seit nun dreieinhalb Jahren bietet der Münchner Flüchtlingsrat mit dem Projekt Infobus Ingolstadt vor Ort in den AnkER-Dependancen in Ingolstadt/Manching Rechtsberatung an. Allein im vergangenen Jahr hat das Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen dort fast 2000 Beratungsgespräche durchgeführt und somit einen tiefen Einblick in die schwierige Lebenssituation der Bewohner*innen erhalten.
Die sogenannten „Zentren für Ankunft, Entscheidung, Rückführung“ wurden eingeführt, um durch Zentralisierung aller für das Asylverfahren relevanten Behörden eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen. In der Praxis ist aber keine signifikante Beschleunigung eingetreten, die Asylverfahren von Bewohner*innen der Anker-Dependancen dauern in der Regel vergleichbar lange wie die von Asylbewerber*innen in anderen Unterbringungsformen. Dennoch sind die meisten Personen gezwungen, für mindestens 18 Monate dort zu wohnen. „Die Aufrechterhaltung des Konzepts entbehrt deshalb jeder Argumentationsgrundlage“, so Robin Esterer vom Münchner Flüchtlingsrat, „Ankerzentren stehen für Isolation, fehlende Privatsphäre und sozialen sowie rechtlichen Ausschluss“
Die Lebenssituation in den Sammellagern ist signifikant schlechter als in kleineren Unterkünften. Aufgrund der isolierten Lage meist außerhalb der Städte gibt es kaum Integrationsmöglichkeiten, das Konfliktpotential ist durch die enge Personendichte sehr hoch und besonders vulnerable Personengruppen erhalten keinen Schutz. Bewohner*innen können nicht selbst kochen, der Zugang zu medizinischer Versorgung ist erschwert und Kinder dürfen meist nicht die Regelschule besuchen. Die Ärzte der Welt stufen die Unterbringungsform als gesundheitsgefährdend ein. Insbesondere durch die Covid-19-Pandemie ist eine derartige Massenunterbringung umso unvertretbarer geworden.
Erst kürzlich hat der Münchner Flüchtlingsrat unter dem Titel „System „AnkER“ – Erfahrungen und Berichte aus dem AnkER-Zentrum Ingolstadt / Manching“ eine Broschüre veröffentlicht, die die systematisch schlechten Lebensbedingungen vor Ort dokumentiert. Die Digitalversion ist unter http://muenchner-fluechtlingsrat.de/system-anker/ abrufbar.
„Wir sind entsetzt über die Ankündigung, an den Ankerzentren festzuhalten.“, sagt Robin Esterer, Projektleiter des Infobus Ingolstadt. „Bayern darf seinen Hardliner-Kurs gegen Geflüchtete nicht weiterführen. Die Maximalaufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen muss auf wenige Wochen festgesetzt werden, sodass eine schnelle Umverteilung in kleinere Unterkünfte gewährleistet ist.“
Pressekontakt: Robin Esterer, Projektleiter Infobus Ingolstadt, 0151 55713769, infobus-ing@muenchner-fluechtlingsrat.de
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