• März 2, 2023

Trotz katastrophaler Situation vor Ort startete letzte Woche ein Sammelcharter von
München nach Griechenland | Münchner Flüchtlingsrat und Bayerischer Flüchtlingsrat
fordern, Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen

Münchner Flüchtlingsrat und Bayerischer Flüchtlingsrat fordern das bayerische Innenministerium auf,
Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen. Abschiebungen nach Griechenland gelten seit Jahren als umstritten,
da Geflüchteten dort unmenschliche Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention droht.
Menschen, die in Griechenland einen Schutzstatus erhalten haben, können in vielen Fällen nicht einmal ihre
elementaren Grundbedürfnisse decken. Tausende haben keinen Zugang zum Gesundheitssystem oder Arbeitsmarkt
und landen in Folge obdachlos auf der Straße.

Das haben auch deutsche Gerichte und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weitgehend erkannt,
die mittlerweile ihre Entscheidungspraxis der Situation für Geflüchtete in Griechenland angepasst haben und in
vielen Fällen Abschiebeverbote nach Griechenland erlassen.

Doch Bayern hat am 22. Februar 2023, mutmaßlich im Alleingang, zahlreiche Menschen vom Münchner Flughafen
ins Ungewisse abgeschoben. Der Münchner Flüchtlingsrat sowie der Bayerische Flüchtlingsrat haben Kenntnis von
mehreren Menschen, die von der Abschiebung betroffen waren. Einige von ihnen waren bereits seit mehreren
Jahren in Deutschland. Bei ihren Asylanträgen ergingen, wie damals noch gängige Praxis,
Unzulässigkeitsentscheidungen.

Dass Bayern sehenden Auges in die Obdachlosigkeit abschiebt, grenzt an einen Skandal. Wenn man die
europäische Menschenrechtskonvention ernst nimmt, hätte auf keinen Fall nach Griechenland abgeschoben werden
dürfen. Andere Bundesländer scheinen dies ebenso zu sehen, denn vermutlich saßen nur Menschen aus Bayern in
der Maschine nach Athen, berichtet Loulou Kinski vom Münchner Flüchtlingsrat. Wir stehen im Kontakt mit einigen
Abgeschobenen. Die Situation hat sich für die Geflüchteten seit ihrer letzten Ausreise nicht verbessert. Sie sind
weiterhin obdachlos, haben keine Unterstützung und die Hilfsorganisationen sind überfordert mit der Vielzahl an
Hilfesuchenden, so dass sie auch dort weggeschickt werden.

So auch bei Frau M. aus Äthiopien, die in Griechenland internationalen Schutz erhalten hat. 2017 stellt sie einen
Asylantrag in Deutschland, diesen lehnen BAMF und Verwaltungsgericht ab. Ein Schock für die alleinstehende Frau,
denn in Griechenland wurde sie Opfer von Zwangsprostitution und multiplen Gewalterfahrungen, aufgrund derer sie
in Deutschland jahrelang ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen muss. Im Januar 2023 stellt Frau M. einen
Antrag auf den neuen Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG. Bis heute hat sie keine Entscheidung über ihren
Antrag erhalten. Mitte Februar wird Frau M. von der Polizei festgenommen, in Abschiebehaft gebracht und in einer
Nacht und Nebelaktion abgeschoben. Ihre persönlichen Sachen sowie die von ihr benötigten Medikamente kann
sie nicht mitnehmen. In Griechenland steht Frau M. nun mittellos auf der Straße.

„Frau M. wurde nicht nur entgegen der aktuellen Rechtsprechung nach Griechenland abgeschoben, sie hat noch
nicht einmal eine Entscheidung über ihren Antrag auf den Chancenaufenthalt erhalten. Beides ist eines Rechtsstaates
nicht würdig,“ kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Wir fordern das bayerische
Innenministerium auf, Frau M. die Wiedereinreise zu ermöglichen und Abschiebungen nach Griechenland zu
unterlassen!

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