Pressemitteilung vom 29.03.2023: Bundesverwaltungsgericht entscheidet: Kein Zutritt für Beratungsprojekte zu den AnkER-Zentren – Münchner Flüchtlingsrat ist alarmiert

Der Münchner Flüchtlingsrat ist besorgt, dass Landesregierungen auf Grundlage des Urteils die kürzlich im Bund beschlossene unabhängige Asylverfahrensberatung behindern können. Ein Zugang nur auf Anfrage, wie es das Gericht vorsieht, verkennt die Realität und führt in der Praxis zu massiver Entrechtung Geflüchteter.

Am gestrigen Dienstag, 28.03., hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage des Münchner Flüchtlingsrats auf regelmäßigen Zugang unseres Beratungsprojekts „Infobus für Flüchtlinge“ abgewiesen. Das Gericht sehe keine Gesetzesgrundlage, wonach unabhängige Beratung einen Anspruch auf Zugang zu Geflüchtetenunterkünften hat. Die Bewohner*innen in Erstaufnahmeeinrichtungen sind in der Regel erst seit kurzem in Deutschland und kennen nicht die örtlichen Gegebenheiten und sprechen kein Deutsch. Deshalb möchte der Infobus eine aufsuchende, muttersprachliche Beratung in den Unterkünften anbieten, um insbesondere vulnerable Gruppen niedrigschwellig über ihre Rechte zu informieren. Bereits seit 2019 müssen einzelne Bewohner*innen ein Beratungsgespräch explizit anfragen, damit Mitarbeiter*innen Zutritt erhalten. Diese Regelung verunmöglicht ein etabliertes und niedrigschwelliges Informationsangebot und stellt für viele Personen eine enorme Hürde dar. Im Ergebnis führt sie dazu, dass die Beratung des Münchner Flüchtlingsrats auf Parkplätzen oder Straßen vor den Unterkünften angeboten werden muss.

„Unsere Praxiserfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass eine explizite Anfrage zu einzelnen Beratungsgesprächen praktisch kaum umsetzbar ist, die Regierung von Oberbayern oft nicht kooperiert und so viele Personen vom Angebot ausgeschlossen werden. Gerade die Isolation in den AnkER-Zentren erfordert, dass eine aufsuchende Beratung vor Ort angeboten wird.“ so Robin Esterer vom Münchner Flüchtlingsrat.

Besonders alarmierend ist die bundesweite Bedeutung des Urteils. Erst kürzlich hat die Bundesregierung in §12a AsylG eine unabhängige Asylverfahrensberatung gesetzlich verankert und die entsprechende Förderung beschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht sieht darin aber kein Recht auf Zugang zu den Unterkünften zur Durchführung von Beratungssprechstunden.

„Diese Entscheidung eröffnet die Möglichkeit, dass besonders restriktive Landesregierungen wie Bayern die unabhängige Asylverfahrensberatung erschweren können, indem sie den Zutritt zu den Unterkünften untersagen.“ ist Robin Esterer vom Münchner Flüchtlingsrat besorgt. „Wenn das Gericht keinen rechtlichen Anspruch auf Zugang zu den Unterkünften sieht, dann muss der Gesetzgeber dringend nachbessern, um eine entsprechende Grundlage zu schaffen. AnkER-Zentren dürfen keine isolierten und rechtsfreien Orte bleiben. Hierfür werden wir weiterhin kämpfen.“

 

Pressekontakt:
Robin Esterer
info@mfr.ngo

 

Foto: Yaro Allisat

 

 

Foto: Yaro Allisat

Jahresbericht 2022

Unser Jahresbericht 2022 ist nun fertig. Im Jahresbericht findet Ihr eine detaillierte Übersicht über die Arbeit in unseren Projekten und die projektübergreifenden Themen 2022

–> Hier geht es zum Jahresbericht

Pressemitteilung vom 21.03.2023: Rechtsstreit in höchster Instanz – Zugangsrecht für Infobus vor dem Bundesverwaltungsgericht

Rechtsstreit in höchster Instanz: Zugangsrecht des „Infobus für Flüchtlinge“ zu AnkER- und Erstaufnahmeeinrichtungen in Bayern wird vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt

Verhandlungstermin vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 28.03.2023, 9:30 Uhr

Der „Infobus für Flüchtlinge“, ein gemeinsames Projekt des Münchner Flüchtlingsrats und Amnesty International, berät seit 2001 Geflüchtete in AnkER- und Erstaufnahmeeinrichtungen in und um München zu Fragen rund um das Asylverfahren. Allein im Jahr 2022 haben die beiden Infobus-Projekte über 3500 Beratungen in den Einrichtungen durchgeführt.

Anfang des Jahres 2018 untersagte die Regierung von Oberbayern dem Infobus-Team den Zutritt zu den AnkER-Einrichtungen, woraufhin der Münchner Flüchtlingsrat im Februar 2018 mit finanzieller Unterstützung durch PRO ASYL Klage gegen das Zugangsverbot beim Münchner Verwaltungsgericht einreichte. Bei der Verhandlung erklärte die Regierung schließlich, den Zugang zulassen zu wollen, soweit die Berater*innen konkret von einem/einer Asylbewerber*in zur Beratung angefragt wurden.

Dieser seitdem geltende „mandatierte“ Zugang bringt erhebliche Einschränkungen für die Beratungen mit sich. Sheena Tönnies vom Infobus München erklärt: „In der Praxis ist die anlassbezogene Zutrittserlaubnis mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Momentan beraten wir bei allen Wetter- und Problemlagen vor unseren Bussen außerhalb der Einrichtungen. Den hilfesuchenden Menschen wird der Zugang zu unserem Angebot unnötig erschwert.“

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof München wurde die Klage im Juli 20211 auf allgemeinen Zugang zur Beratung zwar insgesamt abgewiesen, die Revision wurde aber wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. „Der Fall ist nicht nur für die Infobusse und die Menschen in München von großer Bedeutung. Es geht darum, ob den ohnehin schon isolierten Menschen in den AnkER-Einrichtungen nun auch noch der freie und einfache Zugang zur Beratung verwehrt wird.“, sagt Tönnies weiter.

Auch angesichts der Neuregelung der Asylverfahrensberatung im Zuge des neuen Gesetzes zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren hat der Fall Bedeutung. Seit Januar 2023 ist der Bund zur Förderung einer behördenunabhängigen, freiwilligen, unentgeltlichen und ergebnisoffenen Asylverfahrensberatung verpflichtet. „Mittlerweile hat auch die Bundesregierung erkannt, wie dringend es eine unabhängige Beratung braucht. Außerdem hat sie die Niedrigschwelligkeit des Angebots und die Beratung von vulnerablen Schutzsuchenden als Zielsetzung formuliert. Vulnerable Gruppen lassen sich aber nicht erreichen, wenn Projekten wie unserem Infobus der Zugang zu den Einrichtungen verwehrt wird und wir vor den Toren stehen bleiben müssen“, sagt Tönnies.

Das Verfahren wird nun in höchster Instanz entschieden und die mündliche Verhandlung findet am Dienstag, 28.03.2023 um 09:30 Uhr am Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig statt. Vertreter*innen des Infobusses und des Münchner Flüchtlingsrat werden vor Ort sein und stehen aber auch vorher für Presseanfragen zur Verfügung.

Pressekontakte:

Christian Oppl

Mail: info@muenchner-fluechtlingsrat.de

1https://www.proasyl.de/pressemitteilung/verhandlung-vor-dem-bayerischen-vgh-muenchner-fluechtlingsrat-und-pro-asyl-fordern-zugang-zu-anker-zentren/

Minijob Themenschwerpunkt Abschiebung / Abschiebehaft

Projektmitarbeiter*in (m/w/d) Fachstelle Münchner Flüchtlingsrat

Zum Themenschwerpunkt Abschiebungen / Abschiebehaft

(8 Std./ Woche) 520€ – Minijob

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Projektmitarbeiter*in für unsere Fachstelle zum Themenschwerpunkt Abschiebehaft/Abschiebungen.

Die Fachstelle ist eines von fünf Projekten des Münchner Flüchtlingsrats. Die Kernarbeit der Fachstelle ist die Wissensvermittlung zu allen Bereichen des Asyl – und Aufenthaltsrechts. Gleichzeitig arbeitet sie an der strukturellen Verbesserung der Lebensumstände für Geflüchtete in München und darüber hinaus durch Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit. Die ausgeschriebene Stelle soll sich überwiegend mit dem Thema Abschiebehaft beschäftigen und hier rechtliche Unterstützung für Personen in der Abschiebehaft am Münchner Flughafen anbieten, als auch politisch das Thema bearbeiten. Da die Stelle erst neu aufgebaut wird, können hier eigene Akzente gesetzt und Ideen eingebracht werden.

Ihre Aufgaben

  • Nacharbeit der Beratung in der Abschiebehaft am Münchner Flughafen
  • Verfassen von Haftbeschwerden
  • Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Abschiebehaft/Abschiebungen

Anforderungen

  • Vorliebe für juristische Texte und Arbeitsweise; Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber hilfreich
  • Flexibilität, in Ausnahmefällen (Notfällen) auch kurzfristig handeln zu können
  • Erfahrung mit Öffentlichkeitsarbeit
  • Politisches Interesse am Thema Flucht und Asyl
  • Parteilichkeit i. S. der Klient*innen
  • Hohe Motivation, Eigenverantwortlichkeit, Belastbarkeit und Teamfähigkeit
  • gute Deutschkenntnisse sind Voraussetzung, weitere Sprachen von Vorteil

Unser Angebot

  • Spannende und vielseitige Aufgaben in einem politisch und gesellschaftlich wichtigen Themenbereich
  • Möglichkeit der Gestaltungsfreiheit bei sinnstiftendender Arbeit
  • Mitarbeit in einem diversen, führsorglichen und hierarchiearmen Team

 

Bitte schicken Sie ihre Bewerbung unter Angabe Ihres frühestmöglichen Einstiegstermin an info [at] muenchner-fluechtlingsrat.de

Bewerbungen von Menschen mit Migrationsbiographien, die die genannten Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, sind ausdrücklich erwünscht und werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt.

***Die Stellenausschreibung finden Sie hier auch als PDF-Datei***

PM: Münchner Flüchtlingsrat fordert die Abschiebung des Drittstaatenangehörigen O. zu stoppen

Münchner Flüchtlingsrat fordert die Abschiebung von O., Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine zu stoppen.

Die Abschiebung soll diesen Dienstag, 7.3.23 vom Flughafen München im Rahmen einer Sammelabschiebung nach Nigeria erfolgen. O. hatte vor Kriegsbeginn in der Ukraine Medizin studiert und ist nach Deutschland geflüchtete in der Hoffnung hier sein Studium fortzusetzen. Die hohen Anforderungen für einen Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums hat er nicht rechtzeitig erfüllen können, sodass er bis zur Inhaftierung nur an einem Integrationskurs teilnehmen konnte, um Deutsch zu lernen.

Die Ungleichbehandlung zwischen Ukrainer*innen und Drittstaatsangehörigen wird stark kritisiert. Erst letzte Woche hat ein bundesweites Bündnis die Gleichstellung aller aus der Ukraine Geflohenen gefordert (Link).

Trotz seiner Bereitschaft freiwillig das Land zu verlassen, wurde er inhaftiert.

Der Münchner Flüchtlingsrat begleitet regelmäßig Drittstaatler*innen, die durch den Krieg in der Ukraine ihre Lebensgrundlage verloren haben und ihre besondere Situation in Deutschland dennoch nicht ausreichend gewürdigt wird. „Die Abschiebung von O. zeigt, dass Drittstaatler*innen aus der Ukraine keine wirkliche Chance hier gegeben wird. Es gibt kaum Unterstützung für diese Personen. Im Falle O. scheitert sogar die freiwillige Ausreise an bürokratischen Hürden. Bayern hält an seiner Politik fest, Abschiebungen in die Höhe treiben zu wollen, egal zu welchem Preis“, berichtet Luisa Dormeyer vom Münchner Flüchtlingsrat.

Pressekontakt: Luisa Dormeyer; luisa.dormeyer@muenchner-fluechtlingsrat.de

PM: Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert gleiches Recht für alle Geflüchteten aus der Ukraine

Ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine: Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert gleiches Recht für alle Geflüchteten

Deutschland, 02. März 2023

Am 24. Februar jährte sich der russische Angriffskrieg. Am 04. März 2022 wurde zum ersten Mal der vorübergehende Schutz vom Europäischen Rat aktiviert. Mehr als eine Million geflüchtete Menschen aus diesem Krieg wurden mittlerweile in Deutschland registriert – Ukrainische Staatsangehörige und Menschen aus anderen Staaten, die ihren Lebensmittelpunkt in der Ukraine hatten.

Nach wie vor besteht dringender Handlungsbedarf, was die Situation zahlreicher Drittstaatsangehöriger und Staatenloser aus der Ukraine in Deutschland angeht. 

Derzeit befinden sich in Deutschland etwa 38.000 Geflüchtete aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass. Da sie nicht wie ukrainische Staatsangehörige pauschal von der Anwendung der EU-Richtlinie 2001/55/EG zum vorübergehenden Schutz profitieren, die in Deutschland mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AufenthG für zwei Jahre einhergeht, sind viele Menschen jetzt schon von Abschiebung bedroht, bei anderen laufen bald Fiktionsbescheinigungen aus. Obwohl sie vor demselben Krieg wie ukrainische Staatsangehörige geflohen sind und Schutz suchen, ist ihre derzeitige Situation von Unsicherheit, Diskriminierung und Willkür geprägt.

Die Auslegung und Umsetzung der EU-Richtlinie unterscheiden sich je nach Bundesland. Viele Betroffene sind einer absoluten Willkür bei den Entscheidungen der einzelnen Ausländerbehörden und Sachbearbeiter*innen ausgesetzt. Der Ermessensspielraum der Behörden wird nur sehr selten zu Gunsten der Betroffenen genutzt. Dies hat zur Folge, dass die Erwerbstätigkeit in manchen Bundesländern gänzlich untersagt ist, anderenorts eine Ausreiseaufforderung nach der anderen eingeht.

Während Entwicklungsministerin Schulze und Arbeitsminister Heil in Ghana und Bundeskanzler Scholz in Indien versuchen, Fachkräfte anzuwerben, sollen hochqualifizierte Menschen ohne ukrainischen Pass, die sich aufgrund des Krieges in der Ukraine seit einem Jahr in Deutschland befinden, ausgewiesen werden. Diese Willkür muss ein Ende haben.

1) Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert konkrete, langfristige und einheitliche aufenthaltsrechtliche Lösungen für alle geflüchteten Menschen aus der Ukraine

Das Bündnis fordert die Bundesregierung auf:

  • Die EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz – breit und bundesweit – einheitlich anzuwenden.Die Aufenthaltserlaubnis gem. § 24 AufenthG ist für alle Menschen zu erteilen, die in der Ukraine ihren Lebensmittelpunkt hatten.

Hierbei sollte anerkannt werden, dass der Beginn eines Studiums auch dazu zählt. Viele Familien haben ihre gesamten finanziellen Mittel ausgeschöpft, um in die Zukunft ihrer Kinder zu investieren. Andere haben alles in ihren Herkunftsländern aufgegeben, um sich in der Ukraine ein Leben aufzubauen. Dies ist von der Bundesregierung in der Umsetzung zu berücksichtigen sowie klar, öffentlich und transparent zu kommunizieren.

  • Aufenthaltstitel nach §24 AufenthG auszustellen, um nicht-ukrainischen Staatsangehörigen den Zugang zu Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen.

Sie bekommen somit die Möglichkeit, die Voraussetzungen für andere Aufenthaltserlaubnisse nach dem vorübergehenden Schutz zu erfüllen, sich gegebenenfalls an Universitäten zu immatrikulieren, um ihr Studium fortzusetzen oder sich um eine Ausbildung oder Arbeit zu bemühen. Bereits abgelaufene Fiktionsbescheinigungen müssen bis dahin rückwirkend verlängert werden.

  • Die Beweisanforderungen bei Anträgen auf eine Aufenthaltserlaubnis den entsprechenden Umständen der aktuellen Situation anzupassen.

Vor dem Hintergrund, dass viele Menschen derzeit nicht die notwendigen Dokumente aus der Ukraine bzw. deren Auslandsvertretungen beschaffen können, muss eine alternative Glaubhaftmachung – z.B. über eine Eidestattliche Versicherung – beim Beleg von Familienbindungen, Immatrikulationen an Universitäten in der Ukraine oder dem Wohnsitz dort, ermöglicht werden.

2) Der Zugang zu Teilhabe muss gewährleistet sein.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert die Bundesregierung auf:

  • Den Zugang zu Deutsch- und Integrationskursen für alle Personen zu ermöglichen, die einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt haben.
  • Den Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Menschen, die einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt haben, gleichermaßen zu gewährleisten.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist Bestandteil der EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz und eine wichtige Voraussetzung für Teilhabe und Aufbau der für einen anschließenden Aufenthaltstitel nötigen finanziellen Ressourcen.

Manche Bundesländer erteilen Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine Fiktionsbescheinigungen mit dem Satz “Erwerbstätigkeit nicht erlaubt”. Die Ausländerbehörden müssen bundesweit einheitlich den Zugang zum Arbeitsmarkt durch Ausstellung von Fiktionsbescheinigungen nach §24 AufenthG mit Erlaubnis
der Erwerbstätigkeit ermöglichen, ungeachtet des vermuteten Ausgangs einer Antragsstellung auf vorübergehenden Schutz.

  • Den Zugang zur Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck des Studiums (§16b AufenthG) im Anschluss an den §24 AufenthG und durch geringere Anforderungen an finanzielle Mittel zu vereinfachen.

Ein Studium in Deutschland ist für ausländische Studierende aus Nicht-EU-Staaten nur mit enormen finanziellen Ressourcen möglich. Auch, um dem großen Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken, sollte der Zugang zum Studium über geringere Anforderungen an die Aufenthaltserlaubnis und mehr verfügbare Stipendien vereinfacht werden. Auch eine Finanzierung des Studiums durch eigene Arbeit muss einheitlich und überall ermöglicht werden.

  • Bei unvorhergesehenen Ereignissen im Herkunftsland muss es möglich sein, dass auch während eines Aufenthalts nach §16b AufenthG und anderen Paragraphen Betroffene individuelle Gründe für eine nicht-sichere und/oder nicht-dauerhafte Rückkehr ins Herkunftsland oder die Herkunftsregion erneut prüfen lassen können.

3) Die Bundesregierung muss sich für den Schutz von Drittstaatsangehörigen in der gesamten EU einsetzen.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert die Bundesregierung auf, sich einzusetzen für:

  • Eine sichere Einreise ohne Diskriminierung für alle Menschen, die aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine fliehen bzw. weiterfliehen müssen – ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Auch Personen, die sich nicht ausreichend ausweisen können oder keinen biometrischen Reisepass haben, muss unter reduzierten Beweisanforderungen eine Einreise in das EU-Gebiet ermöglicht werden.
  • Die diskriminierungsfreie Weiterreise innerhalb der EU. Auch innerhalb der EU müssen gemäß der EU-Richtlinie 2001/55/EG Menschen aus der Ukraine unabhängig von ihrem Reisepass weiterreisen dürfen.
  • Eine weit gefasste Anwendung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz, in der alle Menschen, die bei Kriegsausbruch ihren Wohnsitz in der Ukraine hatten, Berücksichtigung finden.
  • Die umgehende Beteiligung g. zivilgesellschaftlicher Unterstützungsorganisationen in den Arbeitsgruppenauf EU-, Bundes-, Landes- und Kommunaler Ebene für die Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/55/EG zum vorübergehenden Schutz.
  • Die Verlängerung der Anwendung des vorübergehenden Schutzes aufgrund des Kriegs in der Ukraine bis 2025.

Im Namen aller unterzeichnenden Organisationen

  1. Asmara`s World e.V.
  2. Münchner Flüchtlingsrat e.V.
  3. BIPoC Ukraine & Friends in Germany
  4. CommUnities Support for BIPoC Refugees from Ukraine (CUSBU)
  5. ifak – institut für angewandte kulturforschung e.v.
  6. PRO ASYL e.V.
  7. Migrationsrat e.V.
  8. Each One Teach One (EOTO) e.V.
  9. Noir United International
  10. ISD Berlin e.V.
  11. Dachverband Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland e.V. (DaMOst)
  12. moveGLOBAL e. V.
  13. ReachOut Berlin
  14. Tubman Network
  15. Flüchtlingsrat Berlin e.V.
  16. Bellevue di Monaco eG
  17. Morgen e.V.
  18. Legal Cafe Stuttgart
  19. Arbeitskreis Asyl Stuttgart e.V.
  20. Collectif James Baldwin
  21. Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
  22. Bridges over Borders e.V.
  23. Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
  24. Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.
  25. Ayeessi e.V.
  26. Nigerian Community Bavaria e.V.
  27. Flüchtlingsrat Brandenburg e.V.
  28. Arbeitskreis Panfrikanismus München e.V.
  29. Noirsociety
  30. EineWeltHaus München e.V.
  31. Flüchtlingsrat Bremen e.V.
  32. Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
  33. Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V.
  34. Halima Aktiv für Afrika e.V.
  35. Migration macht Gesellschaft e.V.
  36. Rechtshilfe München e.V.
  37. Saarländischer Flüchtlingsrat e.V.
  38. Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
  39. Kunstzentrat e.V.
  40. Hessischer Flüchtlingsrat e.V.
  41. Nord Süd Forum München e.V.
  42. Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V.
  43. Babel e.V.
  44. Kurdisches Zentrum e.V.
  45. Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
  46. Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
  47. Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
  48. Yaar e.V.
  49. Theater X
  50. Türkischer Bund Berlin-Brandenburg
  51. xart splitta e.V.
  52. Amaro Foro e.V.
  53. südost Europa Kultur e.V.
  54. Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V.
  55. BeyondEvacuation
  56. LeaveNoOneBehind
  57. Manifold Norway
  58. Seebrücke

Presseanfragen an:

zivilgesellschaftliches.buendnis@cusbu.de

zivilgesellschaftliches.buendnis@muenchner-fluechtlingsrat.de

beyondevacuation@gmail.com

PM: Abschiebecharter in die Obdachlosigkeit

Trotz katastrophaler Situation vor Ort startete letzte Woche ein Sammelcharter von
München nach Griechenland | Münchner Flüchtlingsrat und Bayerischer Flüchtlingsrat
fordern, Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen

Münchner Flüchtlingsrat und Bayerischer Flüchtlingsrat fordern das bayerische Innenministerium auf,
Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen. Abschiebungen nach Griechenland gelten seit Jahren als umstritten,
da Geflüchteten dort unmenschliche Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention droht.
Menschen, die in Griechenland einen Schutzstatus erhalten haben, können in vielen Fällen nicht einmal ihre
elementaren Grundbedürfnisse decken. Tausende haben keinen Zugang zum Gesundheitssystem oder Arbeitsmarkt
und landen in Folge obdachlos auf der Straße.

Das haben auch deutsche Gerichte und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weitgehend erkannt,
die mittlerweile ihre Entscheidungspraxis der Situation für Geflüchtete in Griechenland angepasst haben und in
vielen Fällen Abschiebeverbote nach Griechenland erlassen.

Doch Bayern hat am 22. Februar 2023, mutmaßlich im Alleingang, zahlreiche Menschen vom Münchner Flughafen
ins Ungewisse abgeschoben. Der Münchner Flüchtlingsrat sowie der Bayerische Flüchtlingsrat haben Kenntnis von
mehreren Menschen, die von der Abschiebung betroffen waren. Einige von ihnen waren bereits seit mehreren
Jahren in Deutschland. Bei ihren Asylanträgen ergingen, wie damals noch gängige Praxis,
Unzulässigkeitsentscheidungen.

Dass Bayern sehenden Auges in die Obdachlosigkeit abschiebt, grenzt an einen Skandal. Wenn man die
europäische Menschenrechtskonvention ernst nimmt, hätte auf keinen Fall nach Griechenland abgeschoben werden
dürfen. Andere Bundesländer scheinen dies ebenso zu sehen, denn vermutlich saßen nur Menschen aus Bayern in
der Maschine nach Athen, berichtet Loulou Kinski vom Münchner Flüchtlingsrat. Wir stehen im Kontakt mit einigen
Abgeschobenen. Die Situation hat sich für die Geflüchteten seit ihrer letzten Ausreise nicht verbessert. Sie sind
weiterhin obdachlos, haben keine Unterstützung und die Hilfsorganisationen sind überfordert mit der Vielzahl an
Hilfesuchenden, so dass sie auch dort weggeschickt werden.

So auch bei Frau M. aus Äthiopien, die in Griechenland internationalen Schutz erhalten hat. 2017 stellt sie einen
Asylantrag in Deutschland, diesen lehnen BAMF und Verwaltungsgericht ab. Ein Schock für die alleinstehende Frau,
denn in Griechenland wurde sie Opfer von Zwangsprostitution und multiplen Gewalterfahrungen, aufgrund derer sie
in Deutschland jahrelang ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen muss. Im Januar 2023 stellt Frau M. einen
Antrag auf den neuen Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG. Bis heute hat sie keine Entscheidung über ihren
Antrag erhalten. Mitte Februar wird Frau M. von der Polizei festgenommen, in Abschiebehaft gebracht und in einer
Nacht und Nebelaktion abgeschoben. Ihre persönlichen Sachen sowie die von ihr benötigten Medikamente kann
sie nicht mitnehmen. In Griechenland steht Frau M. nun mittellos auf der Straße.

„Frau M. wurde nicht nur entgegen der aktuellen Rechtsprechung nach Griechenland abgeschoben, sie hat noch
nicht einmal eine Entscheidung über ihren Antrag auf den Chancenaufenthalt erhalten. Beides ist eines Rechtsstaates
nicht würdig,“ kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Wir fordern das bayerische
Innenministerium auf, Frau M. die Wiedereinreise zu ermöglichen und Abschiebungen nach Griechenland zu
unterlassen!

PM: Von wegen unbürokratisch – Kritik an den geplanten Visaerleichterungen für Erdbebenopfer

Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien verspricht die Bundesregierung Erleichterungen für die Visavergabe für betroffene Menschen in der Türkei und Syrien. „Unbürokratisch“ sollen demnach in Deutschland lebende Verwandte ihre Angehörigen über Besuchsvisa und Verpflichtungserklärungen nach Deutschland holen können. Dennoch ist die Bundesregierung beispielsweise nicht bereit, auf die Vorlage von Pässen zu verzichten und Ersatzdokumente auszustellen, sondern schiebt die Verantwortung auf die türkischen Behörden. „Wie soll jemand, der gerade ALLES verloren hat, einen Pass besorgen? Auch die Entscheidungsträger im Auswärtigen Amt dürften ihren Pass nicht im Schlafanzug tragen“, so Amjad Abo Huwaij vom Münchner Flüchtlingsrat. Die Tatsache, dass nur Verwandte mit Niederlassungserlaubnis oder Einbürgerung die Verpflichtungserklärungen abgeben können, verwehrt weiteren Personen die Möglichkeit der Einreise.
Zudem hat bislang lediglich das Land Berlin eine Globalzustimmung verabschiedet, durch die eine Prüfung des Visumsantrag durch die zuständige Ausländerbehörde wegfällt. Andere Bundesländer hinken hier hinterher – so auch Bayern. Wir fordern die Münchner Ausländerbehörde dazu auf, sich gegenüber dem Innenministerium dafür einzusetzen, dass auch in Bayern auf die Antragsprüfung durch die ohnehin überlasteten Ausländerbehörden verzichtet wird.
Den Opfern des Erdbebens muss umgehend geholfen werden, eine monatelange Prüfung der Visaanträge verschlimmert das Leid nur unnötig.
Obendrein tritt auch in dieser Situation eine massive Ungleichbehandlung zu Tage. Die vermeintlichen Erleichterungen in der Visavergabe sollen lediglich für türkische Staatsangehörige gelten. Weder Syrer:innen mit Aufenthalt in der Türkei, noch in Syrien sind hier mit inbegriffen. Für in Deutschland lebende Angehörige von Syrer:innen besteht die Möglichkeit einer Verpflichtungserklärung bislang nicht, obgleich die Menschen ebenso stark vom tragischen Ausmaß dieser Katastrophe betroffen sind. „Es darf keine Rolle spielen, welche Staatsangehörigkeit jemand besitzt, alle Betroffenen sind obdachlos und haben alles verloren. Für alle Opfer des Erdbebens müssen die gleichen Voraussetzungen für die Einreise zu Verwandten nach Deutschland gelten,“ so Amjad Abo Huwaij vom Münchner Flüchtlingsrat.