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Am 8. Juni einigte sich der EU-Rat auf einen gemeinsamen Vorschlag zu einer Asylreform in der EU, basierend auf Vorschlägen aus der Kommission. GEAS steht für „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“. Die deutsche Regierung hatte wesentlichen Anteil an dem Kompromiss und auf eine Einigung gedrängt. Die anschließenden sog. Trilogverhandlungen zwischen den Mitgliedsstaaten, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission kamen im Dezember zu einem Ergebnis, das im Wesentlichen die restriktiven Positionen der unübersichtlichen und riesigen Reform bestätigt hat und somit die Rechte Schutzsuchender in Europa weitgehend aushöhlen wird.
Zentraler Bestandteil dieses Papiers ist die Einführung von Grenzfahren: Asylsuchende sollen – festgehalten in haftähnlichen Lagern – ihr Asylverfahren zunächst an der Grenze durchführen, was bis zu zwölf Wochen dauern kann. Insgesamt können geflüchtete Menschen bis zu sechs Monate an den Außengrenzen festgehalten werden, da sich noch ein neues Abschiebungsgrenzverfahren anschließt. Dies soll für alle Personen aus Herkunftsländern mit einer geringen Schutzquote gelten, aber auch für sog. Zulässigkeitsverfahren. Das wiederum betrifft alle, die über einen „sicheren Drittstaat“ eingereist sind. Was das ist, definiert der jeweilige Staat an den Außengrenzen.
Auch können mit der Einigung zukünftig deutlich mehr außereuropäische Drittstaaten als „sicher“ eingestuft werden, um Geflüchtete in diese Länder abzuschieben. Dafür genügt eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Drittstaat und der EU. Die bereits laufenden Verhandlungen für Deals mit Regierungen, die grundlegende Menschenrechte von Geflüchteten missachten, wie etwa Tunesien, sind Ausdruck dieser Praxis. Mit der Reform kann die Blaupause des EU-Türkei-Deals einfacher auf weitere Drittstaaten übertragen werden, obwohl gerade dieser Deal zu immensem Leid und Menschenrechtsverletzungen geführt hat. In Griechenland etwa gilt die Türkei als sicherer Drittstaat u.a. für Personen aus Syrien, Afghanistan oder Somalia. Somit werden auch Geflüchtete aus Kriegsregionen sowie Familien von den Grenzverfahren betroffen sein, obwohl die Bundesregierung dies noch kurz vor dem vermeintlichen Kompromiss ausgeschlossen hatte.
Auch einen wirklichen Durchbruch bei der solidarischen Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU stellt das Papier nicht dar, da sich Staaten beispielsweise auch durch Zahlungen an externe Akteure zur Flüchtlingsabwehr oder Aufbau von Grenzschutzmaßnahmen freikaufen können.
Als besonders fatal sehen wir den fehlenden Zugang zu Rechtsschutz in den Grenzverfahren. Menschen werden in den Zentren keine Möglichkeit auf unabhängige Rechtsberatung und effektiven Rechtsschutz haben. Grundlegende Rechte werden verweigert und die katastrophalen Zustände an den Außengrenzen Europas werden sich weiter verfestigen.
Es ist davon auszugehen, dass Menschen in den Haftzentren an den Außengrenzen über lange Zeiträume hinweg unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen. Bereits aktuell sind die menschenunwürdigen Bedingungen in den Außenlagern und Hotspots in Griechenland bekannt. Weiterhin herrschen auch chaotische Zustände bei der Frage, welche Mitgliedsstaaten für welche Asylanträge zuständig sind – und was mit den Personen passiert, die in einen anderen Mitgliedstaat weitergereist sind. Zusammen mit den ausgeweiteten Fristen für Dublin-Verfahren wird dies zu mehr „refugees in orbit“ führen, also Schutzsuchenden, die zwischen den Mitgliedsstaaten umherreisen müssen, ohne jemals Zugang zu einem regulären Asylverfahren zu erhalten.
Die Folgen für das gesamte Asylsystem in Europa, für die Ankunftszahlen in Deutschland und letztlich auch für unsere Arbeit sind heute kaum absehbar, aber wir blicken mit großer Sorge auf diesen weiteren Schritt zur Abschottung der Europäischen Union.